UNFALL DER N1819U (46618/118)
19. Juli 1989, ca. 16:00 Uhr

Wenige Minuten vor der Katastrophe kündigte der Flugkapitän eine "sehr rauhe Landung" an

Nach Triebwerksexplosion eine halbe Stunde in der Luft gekreist / Dramatische Szenen in brennenden in Trümmern

Sioux City (dpa/ap) Bei der gescheiterten Notlandung eines Passagierflugzeugs vom Typ DC-10 sind in der Nacht zum Donnerstag (MESZ) in den USA vermutlich 115 der insgesamt 293 ums Leben gekommen. Die Maschine der US-Fluggesellschaft United Airlines stürzte kurz vor der Landebahn des Flughafens von Sioux City (US-Bundesstaat Iowa) ab und ging in Flammen auf. Die genaue Zahl der Toten war auch am Abend noch nicht bekannt. Nach letzten Informationen überlebten 178 Menschen, dazu gehören alle elf Besatzungsmitglieder.

Bis zum Donnerstagabend waren 74 Leichen geborgen. Die Opfer lagen über ein weites Gebiet verstreut. Es hieß, es könne Tage dauern, bis alle Leichen gefunden seien.
Die 15 Jahre alte Maschine, eine der ältesten der United -Airlines-Flotte, war auf dem Weg von Denver nach Chicago. Dabei explodierte das Hecktriebwerk. Ein Sprecher der US-Luftfahrtbehörde erklärte, an der gesamten hydraulischen Anlage seien schwere Schäden entstanden.
Der Pilot, der 33 Jahre Berufserfahrung hat, verscuhte über eine halbe Stunde lang, die Maschine unter Kontrolle zu halten. Zunächst beabsichtigte er eine Notlandung auf einer Autobahn, entschied sich dann aber für den Flughafen von Sioux City. Er informierte die Passagiere mit ruhiger Stimme über Lautsprecher, daß ein Motor explodiert sei, er sprach aber nicht vom beschädigten Hydrauliksystem. An Bord brach nach Angaben von Fluggästen keine Panik aus. Etwa 800 Meter vor der Landebahn des Flughafens scheiterte die Notlandung. Kurz vor dem Aufsetzen streifte der rechte Flügel der Maschine den Boden, sie prallte auf, überschlug sich mehrmals, fing Feuer und explodierte. Das Flugzeugwrack landete in einem Maisfeld.
Der Mut und selbstlose Einsatz namenloser Passagiere hat vielen der 293 Menschen an Bord das Leben gerettet. Die dramatischen Szenen in den brennenden Trümmern waren von den Augenzeugen auch Stunden nach der Tragödie nur schwer zu beschreiben. "Etwa 30 Minuten vor der versuchten Notlandung gab es einen lauten Knall, der das Flugzeug schüttelte", erzählte ein Passagier einem Lokalsender. "Der Pilot meldete sich und sagte, dass eines unserer Treibwerke explodiert sei. Dabie sei das Heck der Maschine beschädigt worden, und die Piloten könnten das Flugzueg nicht mehr richtig steuern. Als wir aufschlugen, brach das Flugzeug direkt vor mir auseinander. Es überschlug sich, glaube ich, zweimal. Ich packte eine alte Dame vor mir und ein Baby und flüchtete aus der Maschine.", sagte der Fluggast
Möglicherweise ist er derjenige, dem Familie Michaelson persönlich danken möchte. Als der Kapitän die Passagiere aufforderte, sich auf eine "sehr rauhe Landung" gefasst zu machen, drückte Lori Michaelson ihre erst ein Jahr alte Tochter Sabrina fest an sich. "Ich hatte nur einen Gedanken, sie nicht zu verlieren", sagte die Frau. Aber es gelang ihr nicht. Zwanzig Minuten später überschlug sich das Flugzeug bei der Notlandung, und sie fühlte das Baby auf den Boden gleiten. Rauch drang in ihren Teil der Kabine und sie, ihr Mann Mark und die sechs und vier Jahre alten Söhne Doug and Andy Tasteten nach einem Ausgang.
Als die Michaelsons den Ausgang fanden, fragte Mark nach dem Baby. Verzweifelt stolperte er zurück in die Trümmer, aber kam nicht gegen den dicken Qualm an. "Dann sahen wir das Kind unverletzt in den Armen einer Frau. Danach gefragt, wie es zu ihr gekommen sei, entgegnete sie nur, ein Mann habe es ihr gegeben. Jetzt sucht Frau Michaelson den Retter.
"Das Flugzeug hüpfte zweimal, überschlug sich in der Luft und wir hingen kopfüber in den Gurten, während sich die Kabine mit Rauch füllte", beschrieb Cliff Marshall aus Columbus die Szene aus seiner Sicht. "Dann muss der liebe God ein Loch in den Boden über uns gebrochen haben und ich schubste ein kleines Mädchen raus. Dann griff ich eine andere Person und zog sie raus, bis niemand mehr nachkam", sagte Marshall. Nach der Bergung von etwa sechs Menschen sei er nur noch gerannt.
David Landsberger weiss nicht mehr genau, wie er aus dem Chaos nach dem Aufschlag herausgekommen ist. "Wir ließen uns runter, krabbelten auf ein Loch im Rumpf zu und dann waren wir in einem Maisfeld", erzählte er. "Ich war etwas benommen. Ich glaube, ich bin auf Menschen getreten auf dem Weg zum Ausgang. Aber ich konnte doch nicht anhalten. Dann wäre der Fluchtweg verstopft gewesen.", rechtfertigte er sich und zeigte auf die noch rauchenden, weit verstreuten Trümmer. Gefragt was er denn jetzt machen werde, antwortete der 40jährige: "Erstmal will ich ein Bier und dann geh' ich ins Bett. Auf jeden Fall werde ich nicht nach New Jersey zurücklaufen. Ich werde wahrscheinlich fliegen."
Das Flugzeug hatte allem Anschein nach schon Schwierigkeiten, bevor es bei Tagesbeginn von Philadelphia nach Denver flog. Ruth Dinsmore aus Mount Laurel in New Jersey sagte, die Maschine sei vom Terminal in Philadelphia gerollt, als plötzlich "alles ausging". Die DC-10 sei zurück an den Standplatz gebrahct worden, wo sie etwa 15 Minuten lang repariert worden sei.

Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung, Hannover